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Aktuelle Version vom 1. Oktober 2018, 14:10 Uhr
In diesem Kapitel geht es darum, sich vor einer Präsentation ein möglichst genaues Bild über die Zuhörerschaft zu verschaffen und sich bewusst zu machen, was genau man bei dieser Zuhörerschaft in dieser Präsentation erreichen will. |
Zielgruppenorientierung
Bei der Vorbereitung der Präsentation ist es wichtig, sich genau mit der Zielgruppe auseinanderzusetzen.
Die wesentlichen Punkte dabei sind:
- Wer genau ist Ihre Zielgruppe?
- Welche Bedürfnisse und Begrenzungen haben Ihre Zuhörer bzw. Zuhörerinnen? Dabei ist es wichtig, sich immer klar zu machen, dass jede Person nicht nur FunktionsinhaberIn ist, sondern auch privat und menschlich Bedürfnisse und Begrenzungen (Kompetenzeinschränkungen, persönliche Vorurteile etc.) hat.
- Fachlicher Hintergrund: Welche allgemeinen Fachinformationen können Sie als bekannt voraussetzen (gängige Meinungen in Fachzeitschriften, Lehrbüchern, Experten bzw. Expertinnen)? Welches Vokabular können/müssen Sie selbst daher verwenden (Fachausdrücke, Jargon, Abkürzungen)?
- Wissensstand: Eine Fehleinschätzung in diesem Bereich bedeutet gelangweilte Experten oder überforderte Laien.
- Gründe für die Teilnahme: Das Teilnahmemotiv kann die Grundeinstellung der Teilnehmer zum Vortrag (und zu Ihnen!) stark beeinflussen.
- Einstellung zu Thema, Präsentator bzw. Präsentatorin, Organisation: Eine realistische Einschätzung hilft Ihnen, den richtigen Ton und die richtigen Argumente zu finden. In einer ablehnend-feindseligen Atmosphäre wären emotionale Appelle unangebracht, da „ziehen“ eher sachliche Argumente wie zum Beispiel anerkannte Experten bzw. Expertinnen. Wenn Sie selbst zwar als Person akzeptiert sind, Ihre Organisation (Unternehmen, Partei, Institut, Religion, Behörde ...) aber kein gutes Image bei Ihrem Publikum hat, dann werden Sie versuchen, Ihre Aussagen losgelöst von der Organisation vorzutragen.
- Erwarteter Präsentationsstandard: Hier geht es um den Grad der Perfektion, der „Schönheit“. In Organisationen mit ausgeprägter Präsentationskultur gibt es ganz konkrete Erwartungen, welche Präsentationsmittel zu welchem Zweck eingesetzt werden. Es ist Ihre Entscheidung, sich entweder anzupassen oder bewusst etwas Ungewöhnliches zu tun.
- Vorurteile, fixe Ideen, Ängste: Vorurteile und fixe Ideen lassen sich nicht einfach beiseite schieben, ignorieren oder gar als „Blödsinn“ abqualifizieren. Damit ärgern Sie höchstens das Publikum, das bisher recht gemütlich damit gelebt hat. Vorgefasste Meinungen wirken auch als Wahrnehmungsfilter: „unpassende Argumente“ werden entweder ausgeschieden oder so missverstanden, dass sie wieder zur eigenen Ansicht passen.
- Tabus und heikle Themen: Abgesehen von allgemeinen Tabuthemen (Tod, Rasse, Religion, Krankheit) könnte Ihr Zuhörerkreis besondere Tabus haben. Diese sind oft in Schlüsselworten versteckt. Beispiele sind „Rationalisierung“ (wenn ein Betrieb schlechte Erfahrungen mit so genannten Rationalisierungsexperten bzw. -expertinnen gemacht hat) oder „Innovation“ (wenn man gerade jetzt mit einer solchen Schiffbruch erlitten hat).
- Lieblingsthemen sind zweischneidige Schwerter: Sie sichern Ihnen in Ihrem Vortrag zwar ungeteilte Aufmerksamkeit und Wohlwollen, lenken aber stark von anderen Inhalten ab. Sie sollten Lieblingsthemen kennen, um sie zu vermeiden oder bewusst und sorgfältig zu Ihrem Nutzen einzusetzen.
- Flexibilität: Ein neuer Gedanke, eine Frage, eine unbekannte Tatsache sind interessant, willkommen – aber nur so lange sie in die Vorstellungswelt der Zielgruppe passen. Je fester gefügt diese Welten sind, je weniger die neuen Informationen hineinpassen, desto schwieriger ist Ihre Überzeugungsaufgabe.
Selbstverständlich ist es nicht immer leicht, alle diese Fragen zu beantworten. Aber je genauer Ihnen deren Beantwortung gelingt, desto höher wird die Erfolgswahrscheinlichkeit Ihrer Präsentation. Und zum Abschluss beantworten Sie sich die Frage: Welchen Nutzen wird meine Zielgruppe durch meine Präsentation haben?[1]
Zielorientierung
Im Vordergrund der Zielorientierung steht die Frage: Was wollen Sie mit dieser Präsentation erreichen?
Ein wirksam formuliertes Ziel ist:
- Schriftlich, in ganzen Sätzen mit Haupt- und Zeitwort.
- Positiv formuliert, d. h. es beschreibt, was sein soll (und niemals, was nicht sein soll).
- In der Gegenwart formuliert: Es beschreibt den Zustand, nachdem Sie Ihr Ziel erreicht haben (Wenn ich das Ziel erreicht habe ...). „Ich bin“, „ich kann“, „ich habe“.
- Spezifisch d. h. möglichst konkret und mit den dazugehörigen Rahmenbedingungen (Kontext): Wo, mit wem, wie oft, ... will ich .... haben/tun.
- Messbar: Sie müssen messen können, ob und wann Sie Ihr Ziel tatsächlich erreicht haben. Was ist der sinnlich wahrnehmbare Beweis dafür, dass Sie das Ziel erreicht haben?
- Attraktiv: Ihr Ziel muss reizvoll sein für Sie. Versetzen Sie sich in den Zustand, nachdem Sie Ihr Ziel erreicht haben: Es darf keine inneren Einwände geben, nichts, was Sie klammheimlich hindert, Ihr Ziel zu erreichen.
- Realistisch und in eigener Kontrolle realisierbar: Mit Ihrer aktiven Beteiligung als maßgeblichen Akteur. Es muss möglich sein, das Ziel mit Ihren derzeitigen Fähigkeiten, Kenntnissen und Ihrem Informationsstand zu erreichen.
- Terminiert, d. h. setzen Sie sich einen Endtermin für die Erreichung Ihres Ziels (nur so können Sie Ihren Erfolg tatsächlich überprüfen).
Dabei ist es oft nützlich, verschiedene Zeithorizonte der Zielerreichung zu unterscheiden: So kann z. B. das Ziel der „Verkauf einer Anlage“ oder die „Genehmigung eines Großprojektes“ sein. Oft ist es unrealistisch, in der ersten Präsentation solche Ziele erreichen zu wollen. Das Ziel der aktuellen Präsentation könnte aber sein: „Termin für eine ausführliche Besichtigung einer Referenzanlage fixieren“ oder „Genehmigung einer Vorstudie zum gewünschten Projekt“ etc.
Literatur
Quellen
- ↑ Emil Hierhold: Sicher präsentieren – wirksamer vortragen, Heidelberg: Redline Wirtschaft, 2005 S. 52ff
Zitiervorschlag
Lieb, Straif in Höller, Informationsverarbeitung I, Ziele#Überschrift (mussswiki.idb.edu/iv1)